Planetary Service
Stiftungsrat Rembert Biemond beschäftigt seit langem die Idee eines ›Planetary Service‹.
Hier hat er einige Gedanken dazu formuliert und im Gespräch mit Andrea Valdinoci weiter bewegt.
Andrea Valdinoci Die Bereiche, in denen junge Menschen im ›Planetary Service‹ sich engagieren sollen sind sehr unterschiedlich. Es kann reizvoll sein, sie am Ende auch vergleichen zu können und in einem Bereich seinen eigenen Weg zu entdecken. – Warum ist der Aspekt, Teile dieses Jahres im Ausland zu verbringen, wichtig für Dich?
Rembert Biemond … am liebsten sogar auf einem anderen Kontinent! Unmittelbar nach meinem Studium habe ich eine größere Reise durch Südamerika gemacht, was mir als Europäer einen völlig anderen Blick auf den eigenen Kontinent, das eigene Land ermöglicht hat. Vieles, worüber ich mich aufgeregt habe, erschien in einem neuen Licht, weil ich sah mit welchen gewaltigen Problemen andere Länder und Menschen sich auseinandersetzen müssen. Als Resümé der vielen Eindrücke kann ich für mich sagen: So eine Erfahrung trägt zum Weltfrieden bei. Dass man einmal im Leben etwas weiter weg gewesen ist, um eine andere Perspektive auf Zuhause zu bekommen. Aber möglichst nicht als Tourist sondern indem man einen Beitrag, eine Aufbauarbeit leistet.
Was sind Deine Gedanken zur Finanzierung und der Organisation eines solchen ›Planetary Service‹?
Ich würde es gerne weitgehend außerhalb der Geld-Ökonomie sehen, eher in der Realökonmie. Klar, zu essen und ein Dach über dem Kopf braucht man und die Reise muss bezahlt werden. Es sollte ein freiwilliges Angebot sein, keine staatlich vorgegebene Pflicht. Aber der Staat könnte viel dafür tun, in dem er es erleichtert, z.B. in Versicherungsfragen unterstützt oder in der Möglichkeit, leichter in die Uni aufgenommen zu werden, wenn man diese Erfahrung mitbringt. Auch Firmen könnten sich beteiligen und evtl. Kosten, die in sozialen Einrichtungen entstehen, mittragen. Ich jedenfalls würde als Arbeitgeber lieber Jemanden aufnehmen, der diese Lebenserfahrung machen konnte. Es könnte eine Art Weltbewegung entstehen, die mitgetragen wird von vielen Pionieren und Organisationen, die es ja schon zahlreich gibt, wie z.B. ›WOOF‹, (Working On Organic Farms) oder in Deutschland das ›Soziale Jahr‹ wie es z.B. durch die ›Freunde der Erziehungskunst‹ vermittelt wird. All das kann man stärker unter einem Stern sehen, im Sinne von, das Eine weiter tun und das Neue auch zulassen. Dieses Projekt braucht die Kooperation vieler Partner. Darüber hinaus braucht es eine Art Training, vorher, zwischen den Einsätzen und nachher, jeweils eine/zwei Wochen, online/offline zu den Themen ›skills‹, ›art of hosting‹, ›wie macht man eine Initiative‹, ›wie macht man ein Meeting‹. Das bietet auch die Möglichkeit, dass sich die Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern begegnen können. Die Skills, die zum Beispiel YIP (www.yip.se) vermittelt, gehen in diese Richtung.
Warum gibt es das nicht schon längst? Kannst Du Dir das erklären?
Mich hat es immer schon fasziniert, dass 2/3 aller Arbeit in der Welt ehrenamtlich geleistet wird, in erster Linie von den Frauen, Müttern und Großmüttern. Die Welt würde aufhören zu funktionieren, wenn wir diese ehrenamtliche Arbeit nicht hätten. Und bezahlte Arbeit kann dadurch aus einer anderen Perspektive betrachtet werden. Jetzt kann man sagen: schlimm, dass der ehrenamtliche Anteil der Arbeit nicht bezahlt wird, aber es gibt auch einen sympatischen Zug: dass nicht alles bezahlt werden kann. Die Begeisterung für eine Initiative kann man nicht kaufen. Erfolgreiche Pioniere und Start-ups gelingen nicht in erster Linie aus Geldmotivation, die haben auch einen anderen Drive. Ich bin überzeugt davon, dass, wenn man die Möglichkeit bekommt, so ein ›Empowerment-Jahr‹ zu durchlaufen, dass man damit auch die Fähigkeit erlangt, anders über das Thema Geld, Verdienst und Geldströme zu denken. Ähnlich wie im ›True cost accounting‹, wo wir uns üben können, wirklich eine gesamtgesellschaftliche Rechnung aufzustellen, können wir uns heute fragen: Was ist uns der Weltfrieden heute wert? Was ist es wert, wenn Menschen nicht vereinsamen? Am Ende geht die Rechnung bei diesem Projekt aus meiner Sicht mehr als gesamtplanetwirtschaftlich auf!
Nun ist das alles noch Zukunftsmusik. Was wäre der erste Schritt?
Viele Jugendliche machen ja schon ein Zwischenjahr, oder ›Gap-year‹, wie die Amerikaner es nennen. Diese schon bestehende Lebensgestaltung nicht als privaten Spass zu sehen sondern als Teil eines Dienstes am Planeten, das wäre schon ein erster Schritt. Es dann noch als weltweite Bewegung zu etablieren, ein Zweiter. – Vielleicht wäre ein erster Prototyp, es 20 oder 30 junge Leute unter diesem Stern machen zu lassen, möglichst schon ganz international, z.B. aus gleich vielen Ländern. Das gut zu dokumentieren, mit Video, in den sozialen Medien. – Dann auf einen Schneeballeffekt hoffen ….